Gegenwart und Zukunft von Eurosur

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2012 begann GMV mit der Konzeption, Implementierung und Bereitstellung des Eurosur-Systems für Frontex. Eurosur ist ein vielseitiges System zur Verhinderung grenzüberschreitender Kriminalität und illegaler Einwanderung sowie zum Schutz von Immigranten und der Außengrenzen der EU.

Das Eurosur-System bezweckt die Bereitstellung von Möglichkeiten zum Informationsaustausch in nahezu Echtzeit, um die Zusammenarbeit der verschiedenen nationalen Grenzkontrollorganisationen und Frontex zu gewährleisten, ihr Situationsbewusstsein zu erhöhen, ihre Reaktionsfähigkeit zu verbessern und eine gemeinsame Reaktion auf die sich stellenden Herausforderungen sicherzustellen.

Eurosur wurde am 2. Dezember 2013 ins Leben gerufen und hat sich für Frontex zu einem zentralen Schutzelement der europäischen Außengrenzen entwickelt. In der ersten Phase wurde das System in den 19 Schengen-Ländern mit Land- oder Seeaußengrenzen eingeführt. In der zweiten Umsetzungsphase führten am 1. Dezember 2014 auch die restlichen 12 teilnehmenden Mitgliedstaaten das System ein.

Eurosur ist ein verteiltes System, das aus einem Netzwerk von Knoten (einer Kombination aus Geräten und Software-Anwendungen) besteht, die im nationalen Koordinationszentrum (NCC) des jeweiligen Staates implementiert sind. Jedes NCC vereint die für die Grenzkontrolle im Land zuständigen Behörden und hat die Aufgabe, Grenzüberwachungsaktivitäten auf nationaler Ebene zu koordinieren und als Zentrum für den Informationsaustausch zu dienen. Zu diesem Zweck stellt Eurosur den NCC-Nutzern sichere E-Mail-Adressen, Videokonferenzen und die spezifische Eurosur-Anwendung für den Austausch von Grenzüberwachungsinformationen zur Verfügung.

Die verschiedenen Knotenpunkte sind vernetzt und bilden das Eurosur Communication Network (ECN). Jedes NCC sammelt lokale und nationale Informationen über die Vorfälle an den Grenzen des Landes und gibt sie in die auf dem Knoten laufende Eurosur-Anwendung ein (entweder manuell über die grafische Benutzeroberfläche oder automatisch über die Netzwerkintegrationsschnittstelle). So entsteht ein nationales Lagebild. Das NCC entscheidet, welche Informationen mit wem geteilt werden sollen, und schafft so Interessengemeinschaften mit anderen Ländern und Frontex.

Auf der Grundlage dieser Angaben und unter Hinzufügung von Informationen aus anderen direkt in Eurosur integrierten Quellen erstellt Frontex ein europäisches Lagebild sowie ein gemeinsames Informationsbild der vor den Grenzen liegenden Gebiete, wobei der Schwerpunkt auf Gebieten jenseits des Schengenraums und der EU-Grenzen liegt. Diese beiden Bilder enthalten Informationen über aktuelle Ereignisse an den EU-Grenzen, Aktivitäten und operative Analysen und werden über das ECN mit den Ländern geteilt. Dies ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung der EU-Außengrenzen zu Land und zu Wasser, der staatlichen Luftgrenzen sowie der Binnengrenzübergänge.

Darüber hinaus integriert sich das Eurosur-System nahtlos in die Eurosur Fusion Services, eine Reihe von Diensten, die Frontex zentral in Zusammenarbeit mit der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (European Maritime Safety Agency, EMSA) und dem Satellitenzentrum der Europäischen Union (European Union Satellite Centre, EUSC) bereitstellt. Diese Dienste umfassen die automatische Schiffsverfolgung und -erkennung, Softwarefunktionen zur Vorhersage von Schiffspositionen oder genaue Wetter- und ozeanographische Vorhersagen. Das Verfahren der Eurosur Fusion Services über Eurosur ermöglicht den Ländern eine weitere Verbesserung des Situationsbewusstseins, erleichtert ihnen den Zugang zu Spitzentechnologien und trägt dazu bei, Doppelarbeit und Kosten zu reduzieren.

Durch die Analyse all dieser Informationen in Echtzeit können die für die Überwachung der Land-, See- und Luftgrenzen zuständigen nationalen Behörden (Grenzschutz, Küstenwache, Polizei, Zoll, Marine ...) und die Europäische Grenz- und Küstenwache (Frontex) je nach mutmaßlicher Auswirkung der Situation eingreifen, wie z. B. wenn Migrantenbewegungen in der Nähe von Außengrenzen entdeckt werden. Eurosur ermöglicht außerdem den schnellen Informationsaustausch zwischen Aufsichtsbehörden sowie Such- und Rettungsdiensten.

Im Dezember 2018 erhielt das Eurosur-System die vorläufige Betriebserlaubnis (IATO) als EU-RESTRICTED-System. Zu diesem Zeitpunkt wurde das ECN effektiv in ein klassifiziertes Netzwerk umgewandelt. Seitdem ist das ECN berechtigt, EU-Verschlusssachen (EUCI) bis zur Stufe EU RESTRICTED zu hosten und auszutauschen.

Mit der Eurosur-Verordnung (EU) 2019/1986 wurde das ECN vom Eurosur-System unabhängig und bildet nun das EGFC-Netzwerk (European Border and Coast Guard Network), das von Frontex für den sicheren Austausch von Informationen genutzt wird (das EGFC soll 2023 EU-vertraulich werden), nicht nur über die Eurosur-Anwendung, sondern auch über die anderen Frontex-Systeme. Ein Beispiel für ein weiteres System, das einen schnellen Zugang zu diesem EGFC-Netzwerk erhalten wird, ist die ebenfalls von GMV entwickelte Vulnerability Access Platform (VAP), die jährlich den Zustand der EU-Landesgrenzen zusammenstellt und analysiert, diese Daten mit den EU-Standards abgleicht und Empfehlungen für Verbesserungen gibt.

Eurosur wird weiterhin seine Fähigkeit verbessern, Informationen einfacher und sicherer  auszutauschen und sie in Form von Lagebildern und Berichten zu standardisieren. Die Mitgliedstaaten müssen dazu über alle Situationen berichten, die Auswirkungen auf die Außengrenzen der EU haben, und zwar in Form von Einzelfallberichten und Warnmeldungen sowie über Zwischenfälle und Einsätze im Zusammenhang mit Such- und Rettungsmaßnahmen. Durch die Erstellung und den Austausch von spezifischen Lagebildern wird dies ebenfalls die Zusammenarbeit mit Drittländern verbessern.

Ein erster Schritt zur notwendigen Modernisierung des bisherigen ECNs, um diese neuen Fähigkeiten unterstützen zu können, ist der Austausch der Hardware in den alten Knoten durch neue, moderne Geräte. Dieses Projekt wird derzeit von GMV ausgeführt und zeigt die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit und perfekten Koordination zwischen den verschiedenen am Projekt beteiligten GMV-Abteilungen, um die Beschaffung, die Produktion, die Lieferung und die Implementierung der Knotenpunkte zu den geforderten Terminen gemäß dem engen Projektplan sicherzustellen. Die aktuelle COVID-19-Pandemie stellt zusätzliche Herausforderungen an dieses ohnehin schon komplexe Projekt.

Autor: Jorge Díaz (JJDM)

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