Quantentechnik: Fans und Kritiker, der Weg wird erst beim Gehen ersichtlich

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Die Quantentechnik ist noch in einem sehr frühen Stadium. Doch wird in letzter Zeit viel darüber geredet. Viele sind überzeugt, dass diese Technik eine große Revolution bewirken wird. Andere sind eher skeptisch und glauben, dass die Erwartungen das wahre Potenzial weit übertreffen.

In einer so schnelllebigen und kostenbeschränkten wie der IKT-Welt gibt es viele „Early Adopters“, die versuchen, sich die so einzigartige und vielversprechende Quantentechnik zu eigen zu machen. So werden beträchtliche Summen in sie investiert und ist eine große Rendite zu erwarten, allerdings auf sehr lange Sicht.

10 Jahre: Der Countdown beginnt

Wir gehen davon aus, dass ein Quantencomputer mit genügend Kapazität, um echte Probleme zu lösen sowie eine echte Bedrohung für unsere aktuelle Sicherheit darzustellen, frühestens in 10 Jahren verfügbar sein wird, womöglich aber noch viel später! Oder ist es möglich, dass wir da einer ewigen Verheißung gegenüberstehen und einer Zukunft hinterherjagen, die nie kommen wird? Mehr als 10 Jahre sind eine lange Zeit! Einige von uns werden dann schon in Rente sein. Einer ewigen Verheißung nachzujagen ist sehr ermüdend, es laugt aus. Mangelnde Erfolge zermürben jeden. Also brauchen wir kurzfristige Ergebnisse, sonst werden viele von denen, die heute im Bann der Verheißung eines Quantencomputers mit großem Enthusiasmus an den Start gehen, müde werden und auf der Strecke bleiben.

Anders zu denken macht den Unterschied

Einige beklagen, dass kaum bahnbrechende Quantenalgorithmen erscheinen. Wir haben da die Algorithmen von Shor und Grover, und viele Varianten. Zugegeben, diese Quantenalgorithmen scheinen sehr leistungsfähig zu sein, aber sie sind schon ein paar Jahre alt! Wir brauchen revolutionäre neue Quantenalgorithmen. Doch ist die Konzeption der Quantenalgorithmen sehr verschieden von der traditioneller Algorithmen. Die Nutzung von Quantencomputern erfordert eine andere Denkweise, und die müssen wir erst noch lernen.

Die Quantenprogrammierung erfordert Kenntnisse, die sich stark von denen der klassischen Programmierung unterscheiden. Es handelt sich um eine andere Herangehensweise, eine, die wir noch nicht gewohnt sind. Diese Programmierung steht heute noch auf einem sehr niedrigen Niveau. Im Vergleich ist das so, als ob wir noch in Maschinensprache programmieren würden. Es ist noch ein weiter Weg, aber möglicherweise wird es in Zukunft Hochsprachen, d. h., „High Order Programming“ für Quantencomputer sowie Bibliotheken für diverse spezifische Anwendungen geben. Macht es Sinn, das Programmieren der heutigen Quantencomputer zu lernen, oder ist es besser zu warten? Nun, Quantencomputing zu erlernen ist nicht nur das Erlernen einer weiteren Programmiersprache, sondern einer anderen Denkweise. So etwas ist immer stark und bereichernd, egal ob es schon Quantencomputer gibt oder nicht!

Wir Menschen neigen dazu, stammbezogen zu denken und damit trivial zu bleiben. Wir lieben Revierkämpfe: Mein Land ist besser als deins, meine Fußballmannschaft ist die beste, meine Karriere machen nur die Klügsten, die Programmiersprache, die ich beherrsche, ist zweifellos die beste ... Vor diesem Hintergrund sowie auch aus Scheu vor Veränderungen ist es nicht verwunderlich, dass viele Fans der traditionellen Computertechnik der Quantentechnik gegenüber misstrauisch sind.

Und wie sieht in diesem Zusammenhang die Zukunft aus?

Ich persönlich denke, dass der Weg erst beim Gehen ersichtlich wird.

Die treuesten Enthusiasten sind davon überzeugt, dass die Quantentechnik ein großer Erfolg sein wird. Einige wagen sogar zu sagen, dass Quantencomputing das traditionelle Computing weit übertreffen und obsolet machen wird. Das ist jedoch höchst unwahrscheinlich. Quantencomputing ist nicht gut im Lösen vieler der trivialen Probleme für einen klassischen Computer. Das wahrscheinlichste Szenario ist eine Koexistenz beider Welten.

Wir haben klassische Algorithmen, die viele herkömmliche Probleme sehr gut lösen. Warum also sollte man sie ersetzen? Wenn etwas funktioniert, ändert man es nicht. Also ist es einerseits höchst unwahrscheinlich, dass das gesamte traditionelle Computing der Macht des Quantencomputers erliegen wird. Andererseits jedoch ist das Quantencomputing in einigen spezifischen Bereichen sehr vielversprechend. Daher können wir uns vorstellen, dass wir in Zukunft einen Quanten-Coprozessor in unseren herkömmlichen Computern haben werden. Aber diese Quanten-Coprozessoren, falls sie wirklich einmal kommen sollten, versprechen eine Revolution zu werden.

In einigen Bereichen sehen wir bereits sehr ermutigende Ergebnisse. Quantensensoren liefern sehr aussagekräftige Ergebnisse; so ermöglichen z. B. Inertialsensoren in U-Booten die Berechnung ihrer Position nach einer langen Unterwasserfahrt mit bisher unerreichter Genauigkeit. Auf die Optik angewendete Quantentechnik verspricht ebenfalls überraschende Ergebnisse, mit einem bisher undenkbaren Detailgrad. Hier haben wir es wohl nicht mit Zukunftsspekulationen zu tun, da diese Sensoren bereits eine sehr nahe Realität sind.

Die Post-Quantum-Kryptographie auf der Basis von traditionellen Rechnern ist bereits im Gange, und international wird nach neuen Standards gesucht, die sowohl den Herausforderungen von Quantencomputern als auch von vielleicht immer leistungsfähigeren klassischen Computern standhalten können. Lange bevor wir ausreichend leistungsfähige Quantencomputer haben, ist die Post-Quantum-Kryptographie also praktisch schon da.

Ganz klar ist, dass bereits viele Unternehmen stark in Quantentechnik investieren, wie Gartner mit der Aufnahme dieser Technologie seit 2018 in seinen Hype Cycle zeigt. Diese Grafik rückt die Dinge in die richtige Perspektive: Obwohl wir uns möglicherweise in einem Zyklus der Übererwartung befinden, wird es nicht zu einem „Alles oder Nichts“ kommen, sondern wir werden irgendwann ein Produktivitätsplateau erreichen, auf dem wir deutlich die Anwendungen sehen werden, bei denen die Quantentechnik einen klaren Einfluss hat.

Die Hype Cycles, auf Deutsch Übererwartungszyklen, von Gartner in den Bereichen aufstrebende Technologien (2018, links) und künstliche Intelligenz (2019, rechts), wobei das Quantencomputing farblich hervorgehoben ist.

 

Im Laufe meines Berufslebens habe ich viele neue Vorschläge und Technologien auftauchen sehen, von denen viele mit Skepsis, Unglauben und sogar Spott bedacht wurden. Vor Zeiten lachten einige sogar über den Vorschlag, einmal persönliche Computer zu entwickeln. Obwohl es da klare Beispiele für Misserfolge und nie eingelöste Versprechungen gibt, sind viele der neuen Technologievorschläge nicht nur Wirklichkeit geworden, sondern haben unsere Branche, wie wir sie kannten, revolutioniert.

Klar ist dabei: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Die Liste der möglichen Anwendungsbereiche für Quantentechnik ist lang: Bankwesen, Pharmazie, Medizin, Logistik, Telekommunikation, Verteidigung, Cybersicherheit, chemische Industrie, Betrugserkennung, maschinelles Lernen, Marketing, Zufallszahlengenerierung ... In diesen Bereichen können Quantentechnologien eine revolutionäre Veränderung darstellen, die dazu führen wird, dass Unternehmen, die nicht auf den Quantencomputer-Zug aufgesprungen sind, nicht überleben und solche, die früh auf diese neue Technologie setzen, einen sehr großen Vorteil haben werden.

Sollten wir also in Quantencomputer investieren?

Wenn Sie auf kurzfristige Renditen aus sind, lautet die Antwort wahrscheinlich nein; aber wenn Sie nicht nur überleben, sondern langfristig erfolgreich sein wollen, gibt es vielleicht nur eine mögliche Antwort: ein definitives Ja. Der Weg erscheint erst beim Gehen, doch dieser Weg hat bereits begonnen und je später der Einstieg erfolgt, desto größer der Rückstand.

 

Autor: Pedro López Peña

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