Entwicklung von Nutzlastmanagementsystemen für Kommunikationssatelliten: neue Herausforderungen

satellite

In den letzten Jahren haben wir eine unaufhaltsame Revolution auf dem Markt der Satellitentelekommunikation erlebt. Dies ist hauptsächlich auf einen Paradigmenwechsel hin zur Entwicklung von Satelliten mit softwaredefinierten oder sogar vollständig digitalen Nutzlasten zurückzuführen. Diese neuen Satelliten ermöglichen es uns, Dienste und Bedürfnisse anzubieten, die wir uns nie zuvor vorstellen konnten. Im Wesentlichen könnten wir sagen, dass wir uns in einer Entwicklung weg von traditionellen Nutzlasten aus ad hoc für eine bestimmte Mission entwickelter Hardware hin zu generischen und rekonfigurierbaren softwarebasierten Lösungen befinden.

Aber wie sind wir hierher gekommen? Bis vor einigen Jahren umfassten Kommunikationssatelliten Nutzlasten, die auf analogen Komponenten wie Empfängern, Frequenzwandlern oder Verstärkern basierten, die über Schalter miteinander verbunden waren und komplexe Schaltkreise auf der Grundlage von Redundanzringen bildeten. Dabei wurde eine kleine Teilmenge der Komponenten als Ersatzelemente reserviert, damit dass bei einem Defekt der Haupteinheiten der Funktionskreis unter Einsatz der Redundanzteile neu konfiguriert werden konnte. Die Suche nach einer geeigneten alternativen Konnektivität von vorgelagerten zu nachgelagerten Antennen war eine manchmal mühsame und zeitraubende manuelle Aufgabe, wenn sowohl die erste als auch die zweite vordefinierte Option des Herstellers versagten. Außerdem wurden bei der ersten Ausführung dieser manuellen Suche Dienste unterbrochen, mit allen Konsequenzen, die dies mit sich brachte. Im Jahr 2007 hat GMV daher die Möglichkeit geprüft, diese Art von Vorgängen zu automatisieren und so die Dienstunterbrechungen zu minimieren. Der erste Vorstoß in diesen Bereich war die Implementierung eines Tools mit in Prolog entwickelten Algorithmen, das in der Lage ist, die besten alternativen Verknüpfungen in wenigen Sekunden zu finden. Dieses Tool hat sich als ein Wendepunkt für die Aktivitäten unserer Kunden herausgestellt.

Im Laufe der Zeit wurden zur Anpassung an die immer weniger vorhersehbare Nachfrage Technologien entwickelt, mit denen die traditionellen Nutzlasten in zunehmend rekonfigurierbare Versionen weiterentwickelt werden konnten. Die ersten Projekte waren jedoch noch nicht rentabel, weil die Technologien noch nicht ausgereift genug waren. Doch bereits 2021 startete der Betreiber Eutelsat mit Quantum den ersten vollständig durch Software gesteuerten kommerziellen Satelliten, der seinen Endnutzern die Kontrolle über ihre Nutzlast als reinen Service (payload-as-a-service) bot. Dieser Satellit hat eine mit zahlreichen Strahlerelementen ausgestattete Antenne an Bord, die von einem komplexen, softwaregesteuerten Netzwerk gespeist wird. Dadurch kann die Deckungszone seiner Strahlen mit enormer Flexibilität verändert werden, so dass damit spezifische Regionen mit effizient kontrollierter Energie versorgt werden können. Dank der engen Zusammenarbeit mit Eutelsat war GMV in der Lage, dieses Tool zu implementieren, mit dem die Möglichkeiten der Quantum-Nutzlast optimal genutzt werden können.

Die logische Entwicklung in diesem Zusammenhang geht in Richtung einer praktisch unbegrenzten Flexibilität dank der Digitalisierung der Zahllasten, ein Aspekt, den die Betreiber sehr würdigen. Daher nehmen die Satellitenhersteller jetzt ihrerseits digitale Satelliten in ihr Portfolio auf. Bei diesen neuen Satelliten werden bestimmte traditionell analoge Komponenten durch einen transparenten digitalen Prozessor ersetzt. Dazu müssen die analogen Signale an Bord ordnungsgemäß digitalisiert werden, um die ungeahnten Anschlussmöglichkeiten des Prozessors zu nutzen. Sobald diese Signale digitalisiert sind, können sie zudem zusätzlich verarbeitet werden, sowohl um sie selbst zu regenerieren als auch um Störungen zu geo-lokalisieren oder abzuschwächen.

Der wichtigste Wertvorteil digitaler Nutzlasten besteht darin, dass wir damit das volle Potenzial von Satelliten auf mehreren Missionen mit völlig unterschiedlichen Anforderungen und ganz nach Bedarf nutzen können, was im Kontext der Satellitenkommunikation bisher undenkbar war. Dank der neuesten Entwicklungen in der Kommunikationstechnologie wie 5G oder 6G verlangen die Nutzer außerdem zunehmend Echtzeitdienste mit sich dynamisch ändernden Anforderungen und erwarten totale Ausfallsicherheit rund um die Uhr. Es ist daher logisch, dass die optimale Verwaltung all dieser Ressourcen nicht manuell gehandhabt werden kann. Deshalb müssen die zur Verwaltung dieser Zahllasten zuständigen Systeme sowie ihre Ressourcen mit Technologien wie künstlicher Intelligenz oder maschinellem Lernen koexistieren, um sich in Richtung eines unbeaufsichtigten oder automatisierten Betriebs entwickeln zu können.

Daher können wir sagen, dass digitale Satelliten zweifellos die Zukunft sind. GMV widmet sich daher diesen Systemen, arbeitet mit Kunden zusammen, beteiligt sich an Forschungs- und Entwicklungsprojekten und beteiligt sich am Wettlauf um die Führung bei der Software, die die Kapazität dieser Satelliten maximiert. Dies ist der Ursprung von ATRIA (AI-Powered Ground Segment Control for Flexible Payloads), einem europäischen Projekt im Rahmen von Horizon 2020, das von GMV geleitet wird. ATRIA besteht darin, die aktuellen Systeme zur Kontrolle von Zahllasten weiterzuentwickeln, indem diese Systeme mit Modulen ausgestattet werden, die auf Algorithmen künstlichenr Intelligenz basieren und anhand von Betriebsdaten oder externen Systemen trainiert werden. Damit wird bezweckt, Probleme wie Gateway-Diversität und -Routing oder Nachfragevorhersagen und Nachfragekorrelationsanalysen optimal zu lösen.

Diese Probleme führen zu Überlegungen darüber, wie die Ressourcen optimal verwaltet werden können, sowohl im All als auch auf der Erde. Die Größenordnung der Anzahl Dienste, die ein digitaler Satellit anbieten kann, übersteigt die eines herkömmlichen Satelliten. Dies bedeutet, dass ein Paradigmenwechsel bei der Ressourcenzuweisung hin zu einem Ansatz erforderlich ist, bei dem Ressourcen freigegeben werden können, wenn sie nicht ständig genutzt werden, so dass unterschiedliche Dienste - und Betreiber - darauf zugreifen können, aber nicht gleichzeitig. Dies führt zu einer effizienteren Nutzung der Ressourcen und schafft Kapazitäten für die Bereitstellung weiterer Dienste.

Kurzum, angesichts des Horizonts, der sich mit den neuen digitalen Satelliten unaufhaltsam öffnet, ist es klar, dass sich die Instrumente zur Verwaltung der Ressourcen und Zahllasten in Richtung von End-to-End-Systemen entwickeln müssen, die auf künstlicher Intelligenz und automatischen Abläufen beruhen.

Autor: Leticia Alonso

Neuen Kommentar hinzufügen

Not show on Home
Inactiu

Source URL: http://www.gmv.com/media/blog/raumfahrt/entwicklung-von-nutzlastmanagementsystemen-fuer-kommunikationssatelliten-neue